Kanada
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Es beginnt auf dem Irish Loop – South Avalon Peninsula

Für meinen Start habe ich mir eine kleine Rundstrecke im Süden von St. Johns im Gebiet des Avalon Wilderness Reserve heraus gesucht. Die Strecke führte direkt an der Ost- und Südküste der Avalon Peninsula entlang und ich passierte viele kleine typisch Neufundländische Fischerdörfer.

Wie ich sehe… Sehe ich nichts

Ich startete nun endgültig nach der Reparatur des geliehenen Fahrrads und einer letzten Dusche, auf meine Tour Richtung Westen. Als Abschiedsgruß malte mir Biko noch einen „lucky Fox“ als Spiritanimal auf die Heckklappe. Bei sonnigem Wetter und den Doors – live in New York in der Playlist startete ich den Motor und fuhr auf die Route 10 nach Süden. Die strahlende Sonne stand am Himmel und die Straße entlang der Ostküste eröffnete grandiose Ausblicke. Ein Zwischenstop in Ferryland, einer alten Englischen Kolonie, brachte mich auf die Idee den örtlichen Leuchtturm zu besuchen. Belohnt wurde ich mit einem großartigen Ausblick auf die echt irisch wirkenden umliegenden Inseln mit natürlichen Greens und grasenden Schafen.

Von da aus sah ich schon tiefe Nebelwolken im Süden über das Land ziehen, ich fuhr direkt hinein. Bei Sichtweite von nicht mal 50m und einem Temperaturabfall von knapp 10 Grad erreichte ich Portugal South Cove um mir einen schönes Nebelrüherei zum Abendbrot zu braten. Ich sollte später feststellen das dieses Wetter hier sehr typisch ist. Im Sommer überwiegend, und vor allem auf der See vor der Küste, welche zum Grab von mehr als 100 Schiffen in der Vergangenheit wurde.
Nach dem Abendbrot suchte ich mir schnell einen Stellplatz zur Übernachtung. Mich zog es zu einem Leuchtturm der am Ende einer 5km langen unbewohnten Landzunge stand und über den Klippen thront. Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt noch nicht aber es war das Powles Head Lighthouse. Klingt idyllisch, dachte ich mir. Bei Nebel und einsetzender Dämmerung fuhr ich auf einem Schotterweg voller Schlaglöcher bis ich den Leuchtturm mir entgegen scheinen sah. Es war genau so idyllisch wie die Anfangsszene von „Ich weiß was du letzen Sommer getan hast“. Ich stand in der stockfinsteren Nacht vor einem nebelumschweiften Leuchtturm mit Wärterhaus. Im Hintergrund hörte ich den Ozean gegen die Klippen schlagen und aller 30 Sekunden ertönte auch noch ein ohrenbetäubendes Nebelhorn: trööööht. Abenteuer pur, es fehlte nur noch der Fischermann mit seinem Haken. Ich entschied mich die Kopfhörer einzulegen um das Signal zu übertönen und zu bleiben.

Vom Anfang des Lebens und andere Geschichten

Am folgenden Morgen war das Wetter kein Stück besser, ich schaute mir die Gegend bei licht an und traf auf den Leuchtturmwärter der mich davon abhielt zu nah an die Klippen zu gehen. Eine einzelne Robbe kämpfte mit dem harten Seegang um ihr Futter. Der Wärter erklärte mir das ich der letze an der Stelle sein werde, denn der neue Zaun der an dem Morgen zum Schutz der Besucher gebaut wurde, steht nun 5m vor den sich abtragenden Klippen. Ausserdem, dass unter dem Wärterhaus ein Frischwassertank steht, welcher das Wasser abfängt, das an stürmischen Tagen durch die Aussenfenster mit Löchern drückt. Zusätzlich lud er mich zur Besichtigung des Turmes ein. Er empfahl mir zurück nach Portugal South zu fahren um die Fossilien im Visitorcenter zu besuchen.

Gesagt getan, schon beim Eintreten wurde ich von einer Mitarbeiterin sanft aufgefordert an der Wanderung teilzunehmen die zu den wirklichen Fossilien führt. Widerstandslos reihte ich mich in die Pkw-Karawane und es ging auf Schotterweg Richtung Küste von Mistaken Point. Dem 4Runner tat das gar nicht gut, nach der schlaglochgesähten Fahrt klang die Karre ziemlich zornig. Mit einem Guide wanderten wir eine Stunde zu der Steinplatte auf der die Fossilien entdeckt wurden. Ziemlich durchnässt von den anhaltendem Nieselwetter wurden wir auf tiefst neufundländisch informiert über Vegetation und geologische Zusammenhänge. Später standen wir bei heftigen Wellengang mit Überstülpsocken auf der riesigen Steinplatte und inspizierten die Fossilien, die auf dem ersten Blick eher nach Pflanzen aussahen. Es handelt sich jedoch um die ersten Lebewesen die vor 578 Mio. Jahren auf dem Meeresboden lebten. Ausgetrocknet, mit Vulkanasche bedeckt, versteinert und durch die tektonische Plattenverschiebung wieder hervorgebracht. Echt verrückt dieser Blick in die Vergangenheit.
Von da aus nutzte ich noch schnell die Gelegenheit einen Abstecher zu Cape Race und seinem 20m hohen Leuchtturm zu machen. Dies ist der Süd-Östlichste Punkt der Insel den viele Schiffe passieren oder nicht. Hier im Funkhaus, ging gegen 10:40 pm Ortszeit, der erste Notruf der sinkenden Titanic ein. Das Wetter war mies und mich wundert es nicht das man die See hier einen Schiffsfriedhof nennt.

Nachher stand ich Abends am Atlantik an einem Steinstrand. Bei abnehmenden Gezeiten. Umhüllt von Nebelschwaden. Die 2m hohen glasklar-cyanfarbenen Wellen gruben sich in die bucht. Und nahmen mit jeder Welle hunderte Steine mit sich in den Ozean. Das war gewaltig und beeindruckend. Der Gedanke das die Wellen dich nicht mehr freigeben, bei dem sog. Und wie vielen Menschen das wohl schon zum Verhängnis wurde. Sie trugen die Küste ab, wie ein Kohlebagger. Um zu der Brandung zu gelangen musste ich zwei akkurat abgerundete Steinformationen herunter springen. Ich stand nun auf höhe des Wassers und lauschte den Wellen und spürte die Gischt. Der Rückweg war gar nicht so einfach durch die runden Steine. Wow, das habe ich noch nie gesehen, der Moment ging unter die Haut. Mein passender Soundtrack dazu wäre „The Land Between Tides & Glory“ von MONO.

Hinter den Steindünen eröffneten sich gewaltige Wellen – in Peter’s River

Bei der Rückfahrt auf der Offroadpiste stellte ich mit entzücken fest das sich mein Auspuff verabschiedet hatte. Ich suchte mir einen Schlafplatz an einem neuen Leuchtturm an der Küste von Gulch ohne Nebelhorn und freute mich auf den neuen Tag.

Dieser begann wie gewohnt mit monsunartigen Regen der mein Fahrzeugdach malträtierte und ich entschloss mich schnell eine Werkstatt zu finden und von der Avalon Peninsula zu verschwinden. Die netten Leute von der Tankstelle weisten mich zu einem örtlichen Schrauber der mir erstmal in seiner Garage das lose Rohr entfernte um weiteren Schaden zu vermeiden.

weniger ist oft mehr… weniger Auspuff – mehr Sound aber auch mehr Sprit 🙂

Apropos Tankstelle, es konnte mir bis jetzt noch keiner der zahlreichen Angestellten und Kunden beantworten ob an dem Luftdruckmessgerät Bar, Kpa oder Psi angezeigt wird (3.0 Bar oder 30 Psi? – Ist dann doch ein Unterschied) . Das geschieht wohl einfach nach Daumenmessdruck. Ich hab mich für Psi entschieden und fahre gut damit.
Also endlich Ersatzrad aufgepumpt wie ein Profi, ohne abzubauen unter dem Wagen gelegen. Und von echten Profis den Auspuff schweißen lassen. Wenigstens etwas Positives an dem Tag auf meinem Weg zum Terra Nova Nationalpark.

6 Kommentare

  1. Lilli sagt:

    Ich hoffe das Gefährt hält noch lange, damit du weiterhin ganz viele dieser tollen Erfahrungen sammeln kannst. Ich freu mich so sehr für dich. Und es tut so gut, das alles zu lesen, vor allem bei Fernweh 🙂 Du hast wirklich sehr viel Talent zum Schreiben!!! Drück dich

  2. Karl-Heinz Schölzel sagt:

    Hallo Florian,
    vielen dank für Deine Berichte, das klingt absolut spannend und hochinteressant. Wir wünschen Dir noch viele tolle Erlebnisse und freuen uns auf Deine nächsten Info`s.

    Viele Grüße aus Heidenau
    Karl-Heinz und Christine

  3. René Gelfert sagt:

    Sehr schöner Blog, danke für die Einblicke in ferne Abenteuer!
    Wir denken an dich,
    Grüße aus DD

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